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Kommunalpolitik

Menschen zuerst: Mein Selbstverständnis linker Kommunalpolitik

Ich bin in der Kommunalpolitik groß geworden. Viele Jahre im Heidelberger Gemeinderat. Mietverträge am Küchentisch gelesen. Mit Menschen an dunklen Haltestellen gewartet. Im Bürgeramt die Nummer gezogen. Mit unserer Fraktion haben wir gestritten – mit anderen Fraktionen, mit der Verwaltung, auch mit dem Oberbürgermeister. Und ja: Wir haben Dinge durchgesetzt. Das prägt mich im Bundestag. Politik ist gut, wenn sie den Alltag leichter macht. Wenn die Warmmiete sinkt statt steigt. Wenn der Bus kommt. Wenn die Stadt bei Hitze Schatten bietet. Wenn das Rathaus hilft, statt abzuwehren. Menschen zuerst heißt: Daseinsvorsorge vor Profiten. Gemeinwohl vor Rendite. Mitbestimmung statt Hinterzimmer.

Kommunalpolitik ist da, wo Demokratie anfängt zu leben. Hier zeigt sich, ob unser Sozialstaat hält, was er verspricht: Niemand fällt durchs Raster. Wohnen ist kein Luxus. Pflege scheitert nicht am Stundensatz. Kinder kommen sicher zur Schule. Jugendliche finden Raum, um sich zu entwickeln. Linke Kommunalpolitik denkt die Stadt als solidarische Gemeinschaft. Sie sieht die Pflegerin nach der Nachtschicht, den Paketfahrer im Stau, die Rentnerin mit zu hoher Miete, den Azubi ohne Anschlussbus, die Studierende in der WG zu fünft auf drei Zimmern. Und sie antwortet nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit Lösungen.

Aus Heidelberg weiß ich: Der richtige Beschluss im Rat ist nur die halbe Miete. Die andere Hälfte sind passende Regeln, Geld, Werkzeuge. Genau da setze ich als Bundestagsabgeordnete an. Ich will Türen aufmachen, damit linke Kommunalpolitiker*innen überall schneller vorankommen – mit rechtssicheren Beschlüssen, verlässlicher Finanzierung, Vorlagen, die nicht bei Null anfangen, und Bündnissen, die tragen.

Der Brandbrief der Rathauschef:innen aus den 13 Flächenländern ist wenig verwunderlich. Die Strategie der vergangenen Bundesregierungen, den Kommunen zusätzliche Aufgaben zu übertragen, ohne sich um die Finanzierung zu kümmern, kann nicht ewig funktionieren. Wenn der Bund den Kommunen Aufgaben überträgt, muss dieser dafür auch die nötigen Mittel zur Verfügung stellen. Die Lage ist mittlerweile aber so dramatisch, dass es damit auch nicht mehr getan ist. Ohne eine nachhaltige Lösung für die kommunalen Altschulden bleibt die Lage in vielen Kommunen düster. Zumal die Bundesregierung selbst feststellt, dass hohe kommunale Kassenkreditbestände häufig mit einer geringen Investitionstätigkeit und Einschränkungen freiwilliger Leistungen einhergehen. Kindertagesstätten und Schulen, der öffentliche Nahverkehr und die Wasserversorgung, Kultur und Sport, Feuerwehr und Rettungsdienst, Straßen und Radwege, das alles und noch viel mehr gehört zum Aufgabenbereich und zur öffentlichen Daseinsvorsorge der Kommunen. Wenn die Kommunen nicht sehr bald in die Lage versetzt werden, eine funktionierende Infrastruktur, genügend kommunalen Wohnungsbau und Klimaschutzmaßnahmen zu gewährleisten, ist das der nächste Sargnagel für die Demokratie. Wenn die Menschen einen dysfunktionalen Staat bei sich vor der Haustür erleben, treibt es nicht wenige von ihnen in die Arme der Rechten. Es wäre gut gewesen, hätten die 13 Rathauschef:innen auch diese Aspekte in ihrem Brief erwähnt.

Sahra Mirow, Sprecherin für Kommunalpolitik der Fraktion Die Linke im Bundestag